Da ist es. Die Traumimmobilie. Das Zuhause, was Sie sich insgeheim schon seit langem ausgemalt haben. Nur leider zu einem Preis, der nicht in einem traumhaften Bereich liegt. Muss deshalb der Traum “schwinden”? Nicht unbedingt, denn es gibt ZOPA. Ihre Geheimwaffe, um erfolgreich zu verhandeln. Ob beim Immobilienkauf, Gehaltsgespräch, dem nächsten Auto oder in geschäftlichen Verhandlungen – oft fragen wir uns, wie weit wir mit unseren Forderungen oder Angeboten gehen können und wo genau die Grenzen unseres Gegenübers liegen. An diesem Punkt tritt ein spannendes Konzept in den Vordergrund, welches ich immer einsetze, um das Verhandlungsziel für meine Mandanten zu erreichen:
ZOPA, die „Zone of Possible Agreement“ oder zu Deutsch die „Zone möglicher Einigung“. Das Konzept der ZOPA bietet einen strategischen Rahmen für Verhandlungen und eröffnet die Chance, vorteilhafte Ergebnisse zu erzielen – vorausgesetzt, man weiß, wie man es richtig einsetzt.
Was ZOPA für unsere Verhandlungen so wertvoll macht
Das Konzept der ZOPA stammt aus der Harvard-Methode, die 1981 von Roger Fisher und William Ury in ihrem bekannten Buch „Getting to Yes“ eingeführt wurde. Diese Methode für sachbezogenes Verhandeln zielt darauf ab, Konflikte durch kooperative Lösungsfindung zu überwinden, anstatt auf starren Positionen zu beharren. Als zentraler Bestandteil dieser Strategie hat sich das ZOPA Konzept seither als überaus effektives Werkzeug in der modernen Verhandlungsführung etabliert.
ZOPA beschreibt dabei den Bereich, in dem zwei Verhandlungsparteien eine für beide Seiten akzeptable Vereinbarung erzielen können – also den Raum beziehungsweise die „Schnittmenge“, in dem die Interessen und Ziele beider Parteien übereinstimmen. Innerhalb dieser Zone besteht die Möglichkeit, auf einen Kompromiss hinzuarbeiten, der die wichtigsten Bedürfnisse beider Seiten berücksichtigt. Wer die ZOPA kennt und versteht, kann gezielt Angebote formulieren, die innerhalb dieses Rahmens liegen – und so Verhandlungen effizienter und erfolgreicher führen. ZOPA ist damit ein zentraler Schlüssel für Verhandlungen, denn nur wenn beide Parteien in diesem Bereich agieren, ist eine Einigung möglich.
Beispiel: Der Fahrradkauf
Stellen Sie sich beispielsweise vor, Sie möchten ein gebrauchtes Fahrrad kaufen. Sie können und möchten maximal 300 Euro ausgeben, würden aber am liebsten nur 250 Euro zahlen. Der Verkäufer hingegen bietet das Fahrrad für 350 Euro an, wäre aber bereit, bis auf 280 Euro hinunterzugehen. In diesem Fall liegt Ihre ZOPA zwischen 280 und 300 Euro – der Bereich, in dem beide Seiten theoretisch zu einer Einigung kommen könnten.
Dieses Beispiel verdeutlicht bereits einen zentralen Aspekt der ZOPA: Sie existiert nur dann, wenn es tatsächlich eine Überschneidung der Verhandlungsspielräume gibt. Hätten Sie in unserem Beispiel maximal 270 Euro zur Verfügung und der Verkäufer eine absolute Untergrenze von 280 Euro, gäbe es keine Zone möglicher Einigung – und damit auch keine realistische Chance auf einen erfolgreichen Verhandlungsabschluss.
Dies führt zu einer wichtigen Erkenntnis: Die ZOPA hilft uns nicht nur dabei, den Rahmen für mögliche Einigungen zu erkennen, sondern auch frühzeitig festzustellen, ob eine Verhandlung überhaupt Aussicht auf Erfolg hat. Dies spart beiden Seiten wertvolle Zeit und Energie, die sie sonst möglicherweise in aussichtslose Verhandlungen investieren würden.
Wie kann der ZOPA Verhandlungsspielraum identifiziert und genutzt werden?
Der erste und wichtigste Schritt vor einer Verhandlung ist es, Ihre eigenen Grenzen klar zu definieren. Dabei spielen zwei zentrale Werte eine entscheidende Rolle: Ihr Maximalziel (auch „Traumziel“ genannt) und Ihr Minimalziel (der „Walk-away-Point“). Bleiben wir bei unserem Fahrradbeispiel: Ihr Maximalziel wäre es, das Fahrrad für 250 Euro zu erwerben – das wäre der optimale Fall. Ihr Minimalziel, also die Grenze, ab der Sie von der Verhandlung zurücktreten würden, liegt bei 300 Euro – mehr können und wollen Sie nicht ausgeben. Mit diesen Werten im Kopf starten Sie in die Verhandlung.
Ihr Maximalziel ist dabei nicht nur Ihr Traumziel, sondern Ihr konkreter Ausgangspunkt für die Verhandlung. Es ist der Wert, mit dem Sie in das Gespräch einsteigen. Dabei gilt: Ein überzogenes oder unrealistisches Maximalziel kann eine Verhandlung im Keim ersticken. Wer beim Fahrradkauf mit einem Angebot von 100 Euro für ein hochwertiges Gebrauchtrad einsteigt, wird kaum als seriöser Verhandlungspartner wahrgenommen. Ihr Maximalziel sollte daher zwar ambitioniert, aber immer noch im Rahmen des Realistischen sein – idealerweise basierend auf Marktrecherche und einer fundierten Einschätzung des Wertes.
Die Zieldefinition des Verhandlungsspielraumes ist aus mehreren Gründen entscheidend für Ihren Verhandlungserfolg. Zum einen gibt sie Ihnen Sicherheit – Sie wissen genau, bis zu welchem Punkt Sie mitgehen können und wann es Zeit ist, die Verhandlung zu beenden. Zum anderen hilft sie Ihnen dabei, Ihre Verhandlungsstrategie zu planen. Während das Maximalziel Ihnen die Richtung vorgibt, in die Sie verhandeln möchten, schützt Sie das Minimalziel davor, in der Hitze des Gefechts Zugeständnisse zu machen, die Sie später bereuen könnten.
Versetzen Sie sich in die Lage Ihres Verhandlungspartners!
Genauso wichtig wie das Verständnis der eigenen Position ist es, die Perspektive des Verhandlungspartners einzuschätzen. Im Fahrradbeispiel bietet der Verkäufer das Rad für 350 Euro an. Doch was ist sein tatsächliches Minimalziel? Was bewegt ihn zum Verkauf? Diese Informationen sind Gold wert für Ihre Verhandlungsposition.
Achten Sie dabei besonders auf verbale und nonverbale Hinweise Ihres Gegenübers. Reagiert er auf Ihr Angebot von 250 Euro mit einem kategorischen „Nein“ und verschränkten Armen? Oder signalisiert er durch ein nachdenkliches „Hmm, lassen Sie mich überlegen.“ und eine offene Körperhaltung Verhandlungsbereitschaft? Auch die Art der Begründung für den Preis kann aufschlussreich sein: Ein „Der Preis ist absolut fest“ lässt wenig Spielraum, während ein „Normalerweise kostet so ein Rad 350 Euro.“ oder „Was könnten Sie denn anbieten?“ deutlich mehr Verhandlungsbereitschaft signalisiert.
Besonders aufschlussreich sind oft auch die Hintergründe des Verkaufs. Diese erfahren Sie entweder durch gezielte Fragen oder durch beiläufige Bemerkungen des Verkäufers. Erwähnt er beispielsweise einen anstehenden Umzug, könnte Zeitdruck eine Rolle spielen. Dieser Zeitdruck kann Ihre Verhandlungsposition deutlich stärken: Jemand, der sein Rad innerhalb der nächsten zwei Wochen verkaufen muss, wird eher zu Zugeständnissen bereit sein als jemand, der monatelang auf den richtigen Käufer warten kann.
Natürlich ist es nicht immer einfach, den Spielraum des Gegenübers richtig einzuschätzen – schließlich wird ein geschickter Verhandler seine tatsächliche untere Preisgrenze zunächst für sich behalten. Selbst erfahrene Verhandler können die Grenzen des Gegenübers oft nur annähernd einschätzen. Umso wichtiger ist es, die bereits beschriebenen verbalen und nonverbalen Signale zu beachten und gleichzeitig die eigenen Grenzen nicht aus den Augen zu verlieren. Erst wenn Sie Ihre eigenen Grenzen kennen und die Position des Verkäufers bestmöglich eingeschätzt haben, können Sie die wahrscheinliche ZOPA identifizieren und gezielt darauf hinarbeiten.
Welche Techniken führen in der ZOPA zum Verhandlungserfolg?
Sobald Sie sowohl Ihre eigene Position als auch die vermutliche ZOPA Ihres Verhandlungspartners eingeschätzt haben, beginnt die eigentliche Kunst der Verhandlungsführung. Erfolgreiche Verhandlungen verlaufen dabei selten in großen Sprüngen, sondern entwickeln sich durch kleinere, aufeinander aufbauende Schritte. Beim Fahrradbeispiel könnte dies bedeuten, dass Sie nach dem ersten Angebot von 250 Euro und einer Ablehnung nicht direkt auf 300 Euro hochgehen, sondern zunächst 265 Euro anbieten und die Reaktion abwarten.
Manchmal lässt sich die ZOPA auch erweitern, indem zusätzliche Verhandlungselemente und kreative Lösungen eingebracht werden. Beim Fahrradkauf könnten Sie beispielsweise anbieten, das Rad sofort mitzunehmen und in bar zu bezahlen, was für den Verkäufer einen zusätzlichen Anreiz darstellen könnte. Oder Sie könnten vorschlagen, weitere Accessoires wie eine Fahrradtasche oder -beleuchtung zu übernehmen. Eine bewährte Technik ist dabei das Verknüpfen von Zugeständnissen: „Wenn Sie mir beim Preis auf 280 Euro entgegenkommen, dann könnte ich das Rad heute noch abholen und Sie sparen sich weitere Besichtigungstermine.“ Solche bedingten Angebote erweitern oft den Verhandlungsspielraum und machen Zugeständnisse für beide Seiten akzeptabler.
Auch das richtige Timing spielt in der Verhandlungsführung eine wichtige Rolle. Stellen Sie ein neues Angebot nicht zu schnell in den Raum, sondern lassen Sie Ihrem Gegenüber Zeit, über Ihr vorheriges Angebot nachzudenken. Oft führt eine kurze Pause im Gespräch dazu, dass der Verkäufer von sich aus einen Kompromissvorschlag macht. Nutzen Sie diese Pausen auch, um die Reaktionen Ihres Verhandlungspartners genau zu beobachten und Ihre nächsten Schritte zu planen.
Eine weitere erfolgversprechende Strategie ist das systematische Vorgehen bei mehreren Verhandlungspunkten. Statt alle Aspekte gleichzeitig zu diskutieren, empfiehlt es sich, die Verhandlung zu strukturieren und mit einfacheren Punkten zu beginnen. Beim Fahrradkauf könnte dies bedeuten, zunächst über unstrittige Aspekte wie den Übergabezeitpunkt oder den Abholort zu sprechen, bevor die Preisverhandlung beginnt. Haben Sie sich bei einigen Punkten bereits geeinigt, entsteht eine positive Verhandlungsdynamik, die auch die Einigung bei schwierigeren Themen erleichtert.
Die Art der Kommunikation ist dabei ein weiterer Schlüssel zum Erfolg. Vermeiden Sie absolute Aussagen wie „Das ist mein letztes Angebot“ oder „Mehr geht auf keinen Fall“, solange Sie tatsächlich noch Spielraum haben. Solche Formulierungen können Sie später in eine schwierige Position bringen. Setzen Sie stattdessen auf eine offene, lösungsorientierte Sprache: „Lassen Sie uns gemeinsam nach einer Lösung suchen“ oder „Welche Möglichkeiten sehen Sie für eine Einigung?“ Diese Art der Kommunikation hält die Verhandlung im Flow und signalisiert echtes Interesse an einer beidseitig zufriedenstellenden Lösung.
Wann ist der richtige Zeitpunkt für einen Abschluss?
Gerade wenn Sie sich innerhalb der ZOPA einer möglichen Einigung nähern, ist besonderes Fingerspitzengefühl gefragt. Ein zu forsches Vorgehen kann in dieser Phase eine fast erreichte Einigung noch zunichtemachen. Bleiben Sie geduldig und aufmerksam – oft zeigt der Verhandlungspartner durch subtile Signale, dass er zu einer Einigung bereit ist. Das können Formulierungen sein wie „Lassen Sie uns eine Lösung finden“ oder „Vielleicht können wir uns ja irgendwo in der Mitte treffen“. Auch eine entspanntere Körperhaltung oder ein verständnisvolles Nicken können solche positiven Signale sein.
Die Kunst liegt nun darin, den richtigen Moment zu erkennen und zu nutzen. Hat Ihr Gegenüber gerade Kompromissbereitschaft signalisiert, greifen Sie dies aktiv auf. Eine bewährte Technik ist das „Zusammenfassen und Nachfragen“: „Wenn ich Sie richtig verstehe, könnten Sie sich bei 280 Euro eine Einigung vorstellen. Stimmt das?“ Diese Art der Kommunikation gibt dem Verkäufer die Möglichkeit, sein Einverständnis zu bestätigen, ohne das Gesicht zu verlieren.
Wenn Sie merken, dass Sie sich in einem für beide Seiten akzeptablen Bereich bewegen, vermeiden Sie weitere taktische Spielchen. Jetzt ist der Moment gekommen, konkret zu werden und die Vereinbarung festzuzurren. Beim Fahrradkauf könnte das so aussehen: „Gut, dann halten wir fest: 280 Euro in bar, ich nehme das Rad gleich mit und Sie geben die Fahrradtasche noch dazu. Sind wir uns einig?“ Eine solche klare Zusammenfassung aller Verhandlungspunkte verhindert spätere Missverständnisse und schafft eine verbindliche Basis.
Ein erfolgreicher Verhandlungsabschluss bedeutet dabei nicht zwangsläufig, dass Sie Ihr Maximalziel erreicht haben. Entscheidend ist vielmehr, dass beide Seiten mit dem Ergebnis leben können und das Gefühl haben, fair behandelt worden zu sein. Dies ist besonders wichtig, weil viele Verhandlungen nur der Auftakt für weitere Gespräche sind – sei es beim nächsten Gebrauchtkauf oder bei zukünftigen geschäftlichen Begegnungen.
Sollten Sie merken, dass Ihr Gegenüber trotz erreichter Einigung noch zögert, kann es hilfreich sein, die Vorteile der Vereinbarung noch einmal kurz zusammenzufassen: „Mit diesem Deal haben wir beide etwas erreicht – Sie bekommen einen fairen Preis und eine schnelle, unkomplizierte Abwicklung, ich erhalte ein gut erhaltenes Rad zu einem vernünftigen Preis. Das ist doch eine gute Lösung für uns beide, oder?“ Eine solche positive Bestätigung des Ergebnisses kann letzte Zweifel ausräumen und den Weg für einen erfolgreichen Abschluss ebnen.
Dieses Vorgehen entspricht dem Grundgedanken der ZOPA: Es geht nicht um Gewinner und Verlierer, sondern um das Finden einer Lösung, die beiden Seiten gerecht wird. Mit diesem Ansatz werden aus schwierigen Verhandlungen konstruktive Gespräche – probieren Sie es aus!